Felix Mambimbi: Eine explosive Entwicklung

18.06.2020 07:41

Felix Mambimbi: Eine explosive Entwicklung

Mai 2018, Rotherham Stadium in der Nähe der englischen Stadt Sheffield. Das Schweizer U17-Nationalteam spielt im letzten Gruppenspiel der Europameisterschafts-Endrunde gegen den Gastgeber.

Es laufen die letzten Minuten, der Fribourger Felix Khonde Mambimbi sitzt nach seiner Auswechslung eine Viertelstunde vor Schluss auf der Bank und fiebert mit. Der Stürmer hat die Schweizer Auswahl kurz vor der Pause mit 1:0 in Führung gebracht, doch das eine Tor reicht noch nicht, um in den Halbfinal einzuziehen. Den Schweizern gelingt kein Treffer mehr – und nach der 0:2-Startniederlage gegen Italien scheiden die Rot-Weissen bei drei punktgleichen Teams an der Spitze aufgrund der um einen Treffer schlechteren Tordifferenz aus.

Es ist ein bitterer Moment für das Team – und auch für den 17-jährigen Felix Mambimbi. Es war ein wenig „sein“ Turnier, schon beim 3:0-Erfolg gegen Israel hatte er doppelt getroffen für die Stefan Marini gecoachte Auswahl. In England lieferte der Offensivspieler auf dieser Stufe trotz des knappen Ausscheidens der Schweiz den Nachweis, dass er internationales Format hat und dass er bei entsprechender Entwicklung den Schritt in den professionellen Fussball schaffen kann. Heute, nur zwei Jahre später, hat er diesen vollzogen und ist beim Schweizer Meister BSC Young Boys auf bestem Weg, sich nachhaltiger durchsetzen zu können.

Doch wir beginnen im Freiburger Stadtteil Schoenberg. Dort machte sich der erst vierjährige Felix Mambimbi beim 1980 gegründeten FC Schoenberg früh auf den Weg, die Fussballwelt zu erobern. Er kickte mit achtjährigen Kollegen zusammen und lernte früh, was es heisst, sich als kleinerer Jüngling gegen physisch mächtigere Gegenspieler durchzusetzen. Er war ganz offensichtlich ein Frühstarter, der es mit Schnelligkeit und Ideenreichtum rasch voran brachte. Mit zehn Jahren spielte er schon für die FF12 des kantonalen Fribourger Fussballverbandes AFF, mit 14 wechselte er weit früher als üblich und geplant in die Nachwuchsabteilung des BSC Young Boys. Und es dauerte nicht lange, ehe er auf der Stufe U15 erstmals in einer nationalen Auswahl auftauchte.

Schritt für Schritt legte Mambimbi auf der Karriereleiter zurück, nach der U17-EURO spielte er mit dem Nachwuchs des BSC Young Boys erstmals in der UEFA Youth League mit, gegen die besten Talente von Juventus Turin, Manchester United und dem FC Valencia. Beim 2:6 gegen die Engländer traf er, doch der Höhepunkt war der 4:2-Erfolg gegen die juvenile Juve, der einzige Sieg in der damaligen Kampagne.

Längst hatte auch Gerardo Seoane von den Qualitäten des jungen Stürmers gehört und so nahm er ihn ab und an bei Spielen in der Raiffeisen Super League mit auf die Bank der ersten Mannschaft der Berner. Der YB-Trainer verhalf Mambimbi am 17. Februar 2019 auch zu seiner Premiere in der höchsten Schweizer Spielklasse. Eine Minute vor Ablauf der regulären Spielzeit kam er beim 2:0-Heimsieg der Berner gegen den FC Zürich und genoss die Atmosphäre von über 27‘000 Zuschauern im Wankdorf.

Noch war der Offensivspieler in jenen Monaten daran, seine Ausbildung an der Fachmittelschule in Freiburg abzuschliessen, doch schon hier war für ihn klar, dass er ab Sommer 2019 sich professionell ausschliesslich dem Fussball zuwenden würde. Seoane nahm in definitiv ins Kader auf, am 10. September 2019 wurde ein neuer Profi-Vertrag bis Juni 2022 abgeschlossen. Da hatte Mambimbi gerade einen fulminanten Start mit der U21 von YB hingelegt, in den vier ersten Saisonspielen gelangen ihm gleich zehn Tore, fünf allein beim 8:3-Erfolg gegen Martigny.

Das waren Argumente genug, um seine Karriere auch in der ersten Mannschaft zu forcieren. Am 19. Oktober gelang ihm beim 4:1-Sieg gegen Neuchâtel Xamax sein erstes und bisher einziges Tor in der Super League – und Ende Jahr erlebte er sein Debüt in der UEFA Europa League mit einigen Einsatzminuten gegen Feyenoord Rotterdam und die Glasgow Rangers. Es war eine sanfte Heranführung eines noch immer jungen Spielers an höhere Aufgaben.

Als zum Rückrundenstart verletzungsbedingt Knappheit an Offensivkräften herrschte, kam er gegen den FC Lugano und beim spektakulären 3:3 beim FC St. Gallen zu zwei längeren Einsätzen – doch dann kam der Unterbruch der Meisterschaft aufgrund der Coronavirus-Pandemie. Doch das soll nur ein unfreiwilliger Unterbruch seiner Entwicklung gewesen sein. Für YB-Ausbildungschef Gérard Castella ist Mambimbis Vorstoss in das Profikader der Beweis für das ausgezeichnete Funktionieren des Zusammenspiels in der Förderstruktur der Berner. Bei YB wird nachhaltige Arbeit geleistet, der auch in Resultaten, etwa dem U18-Schweizermeistertitel 2019 abzulesen ist.

U19-Nationaltrainer Johann Vogel hat das Sturmtalent Mambimbi am Rande des Testspiels gegen Tschechien in seinem Heimatstadion St-Léonard in Fribourg im vergangenen September ebenso gelobt: „Seine offensiven Qualitäten im direkten Duell sind bekannt, als Vorbereiter und Torschütze ist er sehr wichtig. Und er hat auch Fortschritte im defensiven Bereich gemacht“, sagte Vogel in einem Interview der Freiburger Nachrichten. Mambimbi trug auch an jenem Abend einen Penaltytreffer zum 2:0-Sieg der Schweizer bei. Eine neuerliche EURO konnte er dieses Jahr nicht erleben – der Wettbewerb wurde vor der Elite-Runde Ende März in den Niederlanden abgebrochen.

Mambimbi ist mit 1,71 Metern Körpergrosse kein Riese. Seine Ballfertigkeit, seine Wendigkeit und Schnelligkeit jedoch hat er sich erhalten und spielt sie als Stärken aus. Die Explosivität auf den ersten Metern verschafft ihm die nötigen Vorteile. Die wird er brauchen, um sich bei YB auch nach Wiederaufnahme des Meisterschaftsprogrammes wieder in den Vordergrund zu spielen. Die Corona-Pause erlaubte es zahlreichen Spielern, ihre Verletzungen auszukurieren. Der Kader ist wieder breit, die Konkurrenz entsprechend grösser. Aber die bisherige Entwicklung des Felix Khonde Mambimbi lässt durchaus den Schluss zu, dass er seinen erfolgreichen Weg weiter gehen wird.

(das / Foto: Keystone-SDA)